Tarragona war 2004, beim
ersten Besuch, leider kulturell komplett
geschlossen (Weisser Sonntag). Was wir aber
zufällig gefunden hatten, war ein klitzekleines
Restaurant in den Gassen hinter dem alten
Fischerhafen: La Xarxa (das Netz). Hier bediente uns
die ebenso winzige wie energische Dame des
Hauses persönlich; wir bekamen die beste Paella
unseres Lebens! 2009 hatten wir leider nicht die
Zeit nachzusehen, ob es das Lokal noch gibt.
Was wir uns
eigentlich ansehen wollten, waren die römischen
Ruinen Tarragonas. Und das haben wir dann Juni
2009 auch endlich geschafft. Achtung im Juni -
am Tag nach San Joan (23.06.) - ist Spanien
komplett geschlossen! |
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Was wir zunächst feststellten war, dass
Tarragona schöne Stadtstrände hat, einer davon
direkt unterhalb des Amphitheaters. Dort kann man
auch parken. Da wir leider keinen vernünftigen Stadtplan hatten (in Ampuriabrava wollte man uns keinen Reiseführer von Tarragona bestellen, obwohl wir ja für 4 Wochen dort waren), nahmen wir erst einen Umweg durch das mittagsheiße und schwüle Tarragona und suchten uns den Weg zum Museo. In der Altstadt in einem Hauseingang fragte ich an einer Besichtigungskasse nach dem Weg. Die Dame war sehr freundlich, stattete uns mit einem Sehenswürdigkeiten-Stadtplan aus und gab uns den Tip, doch das Haus der Familie Canals (dafür war nämlich eigentlich der Eintrittskartenverkauf gedacht) zu besichtigen, die maßgeblichen Einfluss auf Tarragona hatte und deren Wohnetage auch mit originalen Möbeln ausgestattet sei. Casa del Canals, Carrer d'en Granada 11 |
Fassade des Museo Nacional Arqueològic de Tarragona Tarraco Scipionum Opus (Tarragona ist das Werk der Scipionen) www.mnat.es |
Da wir aber spät dran waren und
nur das römische Tarraco im Sinn hatten und es viel
zu sehen gab, verzichteten wir dieses Mal
darauf. Wir fanden nun aber ohne Probleme den
Weg durch die absolut sehenswerte Altstadt, die von
Baustil sehr ans Barrio Gótico von Barcelona
erinnert. Ich denke, Tarragona ist ein noch etwas unentdecktes historisches Juwel und man sollte sich für die Stadt und die Umgebung einige Tage Zeit nehmen um sich alles aus Römerzeit, Mittelalter und Gotik anzuschauen. Überreste einer Kirche in der Altstadt |
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Das antike Tarragona Hier der Link zum interaktiven römischen Stadtplan: Die Archäologen vermuten eine iberische Siedlung (Kissis) im Raum Tarragona. Wird wohl auch so gewesen sein, dass die römische Scipionen-Familie die günstige Lage genutzt und die Iberer mehr oder weniger platt gemacht hat, um hier einen Armeestützpunkt zu errichten. Der Standort wurde zum römischen Tarraco ausgebaut und die Stadt als Ausgangspunkt genutzt, um 210 v. Chr. im punischen Krieg Cartagena (Neu-Karthago) zu erobern. Die gigantische Stadtmauer und die Türme sind aus dieser Zeit. Man baute Tempel, Forum und Prätorium, Amphitheater und gewiss auch Thermen und Stadtpaläste, wie überall in den römischen Metropolen. 45 v. Chr. erhob Julius Cäsar die Stadt zur "Colonia Julia Urbs triumphalis Tarraco" und der Aufstieg der Stadt begann. Die Rennbahn entstand während der Regierungszeit Domitians um 90 n. Chr. Im Museum hängt ein großes Modellbild des römischen Tarraco. |
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Es
ist schon etwas Besonderes, die Überreste des
Circus maximus in Tarragona besichtigen zu können,
denn die riesigen Rennbahnen wurden später in den
meisten Städten abgerissen. Ein so langes Gebäude
störte einfach nur bei der Bebauung im
Mittelalter. Die spätere Bebauung wurde
mittlerweile z. T. abgerissen, um die Überreste
des Circus freizulegen. Scheint so, als wolle man noch eine Menge der heruntergekommenen neuzeitlichen Gebäude abreißen, um den Circus in ganzer Länge oberirdisch sichtbar machen zu können. Unterirdisch kann man schon die Gänge und ehemaligen Räume besichtigen. |
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Außerdem
hat sich ein Teil des Forums und der Turm des
Prätoriums (auch "Castell del Rei") an der Placa
Pallol (beim Museum) erhalten, der im
Mittelalter zum Wohnturm ausgebaut wurde und
wohl auch gelegentlich als Wohnsitz der
aragonesischen Könige diente. Man sieht im
Gemäuer sehr schön, dass überall Löcher für
Deckenstützbalken oder Treppen eingeschlagen
wurden. Der Prätoriumsturm wurde restauriert,
enthält diverse Fundstücke, das Modell des
mittelalterlichen Tarragona und vor allem hat
man von dort einen wahnsinnig schönen Ausblick
auf Stadt und Meer.
Selbstverständlich steht - wie eigentlich überall - die städtische Kathedrale auf den Fundamenten des einstigen Haupttempels Tarracos. |
Prätoriumsturm |
In der Umgebung von
Tarragona hat man mittlerweile auch die Reste von
römischen Villen ausgegraben, z. B. Els Munts in
Altafulla, wo sich ein reicher römischer Bürger
einen äußerst prächtigen Wohnsitz auf seinem
Landgut errichtet hat. Werden wir bei einem
künftigen Besuch der Region erkunden. Im Museum sind allerdings viele Ausgrabungsfunde ausgestellt, die ich fotografiert habe. Das Fußbodenmosaik aus einer Villa zeigt Fische so natur- und detailgetreu, dass das Museum sie auf einer Hinweistafel mit ihren biologischen Namen aufzeigt. Lageramphoren, 1m
- 1,50 hoch, wurden meist in die Kellererde
eingegraben oder bildeten große Lager, die
meist überdacht waren.
Die Reste in den
Dolien wurden untersucht und man stellte fest:
Es wurden Wein, Öl und Getreide in ihnen
gelagert. Wahrscheinlich hat man, wie noch
heute in ländlichen Gebieten des
Mittelmeeraumes, Lorbeergrün obenauf in den
Hals gesteckt (wehrt Ungeziefer ab) und dann
den, zu jeder Dolie gehörenden, dichten
Keramikdeckel aufgesetzt.
Worüber ich mich IMMER ärgere: Die Katalanen sind ja sehr stolz auf ihre eigene Kultur und Sprache -sollen sie auch- aber nur 11 Millionen Einwohner hat Katalonien und da kann man ja wohl nicht erwarten, dass die ganze Welt Catalá lernt, um Museumsbeschriftungen und Museumsliteratur zu lesen. Aus lauter Sturheit gibts das Ganze nicht mal auf Spanisch, das von mehr Menschen auf der Welt gesprochen wird als Englisch. Naja... wer Spanisch und Französisch oder Latein kann, wird es großenteils entziffern können, aber bissi mehr sprachliche Kooperation, insbesondere auch bei Museumsliteratur, könnte schon sein! Hat mich auch in der Emporion-Ausgrabung geärgert, dass es die Fachbücher dort NUR in Catalá, auf jeden Fall aber nicht in Deutsch, gab. Richtig sauer war ich, als ich nach dem Museumrundgang gegen 17:50 Uhr noch ein sauteures und in Catalá geschriebenes Werk über die Iberische Kultur der Bronzezeit und den Museumführer kaufen wollte und die Kassenschnepfe mir keines mehr verkaufen wollte, weil ihr das nochmalige Zählen des Kasseninhaltes zu mühsam gewesen wäre - sie war nämlich schon dabei. Sie wollte sich durch mein Bitten und den Hinweis darauf, dass es noch keine 18 Uhr war, auch nicht erweichen lassen. Für einen deutschen Touristen, der evtl. niemals wieder dort vorbei kommt, hätte man die 2 Beträge auch einfach noch dazu zählen können. |
Badezimmerfliese
aus einer der Villen
Fortunastatue Brunnenaufsatz aus Marmor Füße von Statuen, Dokumente des frühen "Flip-Flops"und anderer Schuhbekleidung Glasurnen als Bestattungsgefäße |
Der "Pont de Diablo", die Teufelsbrücke, ist nichts anderes als der Rest des Aquäduktes, der Tarraco einst mit Trinkwasser versorgte. Kurz vor dem Ende der A7 gibt es einen Extra-Parkplatz kurz vor der Ausfahrt nach Tarragona auf der Autobahn, von dem aus man den Aquädukt besichtigen kann. Wer bei 30 Grad im Schatten Lust dazu hat, kann auch ins Tal hinunter steigen und sich das Monument von Nahem ansehen. |
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Der Triumphbogen von Barrá, zwischen den beiden Fahrspuren der N340 (ehemalige Via Augusta, die von Rom nach Cádiz führte), wurde zu Ehren von Lucius Licinius Sura, einem römischen Konsul, errichtet. |
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Dieser düstere Gewitterhimmel kündigte schon in Tarragona den Gewittersturm an, der später über Sitges und Barcelona niederging, mit massenhaft Regen und Hagel. Zum Glück führt die Autobahn hinter den Hügeln um Barcelona herum und wir bekamen nur einen Hauch des Unwetter ab. |